Wie EQ (Emotionale Intelligenz) mir hilft, mit extremen Situationen umzugehen.
Zwei gegensätzliche Emotionen können manchmal so dicht beieinanderliegen.
Ein krasser Fahrradunfall und mein Flow-Auftritt auf meiner kleinen Bühne im Startplatz in Köln waren meine schwindelerregende Achterbahnfahrt in dieser Woche. Wie EQ und das Wissen darum mir hilft, mit den Erlebnissen umzugehen und fertig zu werden erfährst Du nachfolgend.
Viele Menschen möchten so gerne den Zustand von völliger Glückseligkeit, absoluter Hingabe oder totaler Erfüllung erleben. Mihály Csíkszentmihályi, der bekannte Psychologe beschreibt einen Zustand, eine Art den Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder auch Funktionslust und prägte den Begriff des Flow-Erlebens (Wikipedia) und berichtet darüber z.B. bei TED. Das auftretende Glücksgefühl ist sehr mächtig. Eine tiefe Form der Zufriedenheit entsteht. Dieser Zustand kann lt. Mihály Csíkszentmihályi auch als Übergang in eine andere Form der Realität bezeichnet werden.
Ich selbst kennen diesen Zustand. Ich bin dann selber emotional bewegt und berührt und inspiriere dadurch oft auch andere Menschen und Teilnehmer meines Seminars, Workshop oder Vortrag.
Verliert man einen geliebten Menschen oder beobachtet etwas Schreckliches, so erlebt man das absolute Gegenteil des Flow. Erste Schockmomente, Verzweiflung und Trauer sind vorherrschend. Persönliche Erfahrungen hat man meist nicht mit der Heftigkeit des Erlebens und den tieferliegenden, angesprochenen Emotionen und den Folgen daraus. Hier ist wieder ein Übergang in eine andere Realität zu spüren. Eine Realität, die Menschen oft verunsichern und beängstigen. Manchmal fehlt auch der Mut, sich diesen Situationen im Leben zu stellen und es werden Taktiken wie Verdrängung und Leugnen aktiviert. Das ist bereits eine Phase eines Traumas.
Der angemessene Umgang mit den Situationen und Emotionen ist der Schlüssel für Heilung oder wem das zu esoterisch klingt: Wiederherstellung, Besserung, Rekonvaleszenz, Erholung, Regeneration, etc… Daniel Goleman beschreibt das in seinem Buch EQ ausführlich. Es gibt dazu diverse Berichte und Kommentare. Hier findest Du einen Artikel des Spiegels und Informationen aus Wikipedia für eine detailreichere Information. Mein Systemischer Lehrer aus Brasilien, Luciano Alves sagt immer: „Alles was Du nicht integrierst, trägst Du auf dem Rücken!“
Diese Woche Dienstag, am 16.5.2017 habe ich bei meinem Vortrag im Startplatz einen meiner intensivsten Flow Erlebnisse in meinem Leben gehabt. Bei dem Thema: „Was trägst Du in Deinem persönlichen, mentale Rucksack?“ war ich sehr stark in Kontakt mit mir und habe mich deutlich gespürt und wahrgenommen. Ich war selber extrem inspiriert und bewegt, hatte den roten Faden meines Vortrags fest im Blick und schaffte es zusammen mit den neugierigen und aufmerksamen Teilnehmern einen Raum der angenehmen Spannung zu erzeugen.
Nur knapp 24 Stunden zuvor hatte ich eine der schlimmsten Erlebnisse in meinem Leben. Die Auswirkungen sind bis heute zu spüren. Das Schreiben dieses Blogs ist ein Teil meiner eigenen Therapie zur Heilung.
Am Montagabend, 15.5.2017 wurde ich Zeuge von einem Fahrrad LKW Unfall mit Todesfolge des Fahrradfahrers. Auf meinem Fahrrad habe ich alles miterlebt. Das ist wirklich krass. Der Fahrradfahrer ist noch am Unfallort verstorben. Ich vermeide hier ausführliche Beschreibungen. Es genügt, wenn ich diese Bilder in meinem Kopf gespeichert habe.
Am nächsten Tag war ich bei der Zeugenaussage, weil ich an dem Abend nach ersten Hilfeleistungen weitergefahren bin, da genügend Menschen (10-15) vor Ort waren, ich nicht im Weg stehen wollte und ich mich schützen musste. Folgenden Leitsatz habe unbewusst im Kopf gehabt und danach gehandelt:
Das Risiko für lebensgefährliche Gefahren lässt sich jedoch klein halten. Vor allem, indem Sie auf Ihr Bauchgefühl höre, Ihre Intuition, Ihr Gefahrenradar. Wenn Ihr Bauchgefühl Ihnen sagt, eine Situation zu verlassen, dann folgen Sie diesem Gefühl! (Quelle nachträglicher Recherche, Herkunft Begriff Gefahrenradar)
Vor 2 Wochen habe ich mit Begeisterung das Hörbuch von Peter Levine verschlungen: „Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt.“ Er beschreibt ausführlich, was im Körper bei traumatischen Ereignissen abgeht. Mir stellt sich die Frage, wie das Hörbuch in mein Leben gekommen ist und warum.
Dieses Wissen ist für mich in der Art hilfreich, dass ich nun anhand meiner Reaktionen Erklärungen und Gründe für mein Verhalten ableiten konnte und dieses auch weiterhin tue.
Peter Levine beschreibt sehr detailliert, dass der Mensch grundsätzlich mit einer Mobilisation des Körpers auf schwierige Reize von außen reagiert. Angriff/Verteidigung oder Flucht. Die Muskeln in Beine und Arme werden sofort in Alarmbereitschaft versetzt. Ist ein Angriff oder Verteidigung nicht möglich geht’s zum Programm der Flucht. Nach dem ich mich am Unfallort versichert habe, dass es für mich nichts mehr zu tun gab, fühlte ich den Drang vom Ort weg zu kommen. Ein paar Minuten später musste ich anhalten, um den nächsten emotionalen Schub zu bewältigen. Weinen und Atemübungen aus der Meditation haben mich wieder kurzfristig stabilisiert. Meinen Termin, ich war auf dem Weg dorthin, habe ich abgesagt. Über einen Umweg, weg vom Unfallort habe ich dann den Weg nach Hause genommen. Die dritte Möglichkeit, so schreibt Levine ist die des Todstellens, des Einfrierens. „Ich bin starr/gelähmt vor Schock“, etc. sind passende Aussagen hierbei. Zum Glück war dieses Programm nicht aktiv bei mir und konnte meinen Teil zum Geschehen beitragen.
Am nächsten Tag machte ich bei der Polizei meine Aussage. Erstaunlicherweise teilten mir die sehr empathischen und auf die Situation und Emotion geschulten Polizisten mit, dass es anscheinend wenig Zeugen gäbe. Ich wünsche mir, dass jeder der Beteiligten am Unfallort sowie allen Familienangehörigen gut für sich sorgen und Hilfe in Anspruch nehmen. Ich selbst habe mich nach anfänglichen Ausflüchten, ich sei selber Coach und würde Psychologen kennen dankbar bereit erklärt, Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ich wurde direkt mit einem sehr freundlichen Herrn des Opfer- und Ersthelfer-Schutzprogramms am Telefon verbunden. Ich fühlte mich sehr gut aufgefangen. Vielen Dank dafür. Mir wurde auch eine Trauma Broschüre mit hilfreichen Tipps zugesendet. Diese findest Du hier als PDF. Download: Trauma Broschüre als Download.
Die Beschäftigung mit EQ und empathischen Erlebnissen in meinem Leben haben mir bis zum jetzigen Zeitpunkt stark geholfen, mit der aktuellen Situation umzugehen. Ich bemerke, dass mich dieses Thema beschäftigt und es noch ganz schön brodelt unter der Oberfläche. Darüber zu reden hilft mir. Bewusstsein zu den Dingen, die ablaufen hilft beim Verständnis. Weinen hilft auch. Weinen ist eine Abreaktion des Körpers und gehört ebenso wie Lachen unbedingt zum Wesen des Menschen.
Ich erkenne mich leicht verändert. Der Blick auf manche vermeintlich nervigen Dinge im Leben ist ein anderer. Der oft egoistische und stressvolle Alltag auf unseren Straßen, sowohl als Fahrradfahrer als auch als Autofahrer, stelle ich gerade in Frage. Jeder, der ab und zu nach Holland fährt, bemerkt nach der Grenze eine völlig andere Stimmung auf den Straßen. Es scheint so, als wenn dort alles etwas ruhiger und friedlicher abläuft.
Oft in solchen Momenten stellt man sich dann die Frage, warum ich das gerade erleben musste. Ich habe noch keine Antwort darauf. Sicherlich wird es irgendwas zu lernen geben. Sei es Achtsamkeit, Bewertung des eigenen Handels, Umgang mit Mitmenschen und auch der Umgang mit den eigenen Emotionen und die Schlussfolgerungen daraus.
Danke, dass ich Dir das schreiben kann. Es ist wie oben beschrieben ein heilsamer Prozess. Und wenn es für noch jemanden hilfreich ist, freue ich mich darüber.
Du kannst mir gerne schreiben und von Deinen Erlebnissen bzw. den Umgang damit berichten.
Pass auf Dich auf.
Herzliche Grüße Daniel